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Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Das europäische Vergaberecht bestimmt die Rahmenbedingungen für öffentliche Aufträge maßgeblich und ist damit für Ziviltechniker:innen von großer Relevanz. Als Bundeskammer engagieren wir uns daher gemeinsam mit unseren europäischen Partnerorganisationen intensiv im aktuellen Reformprozess der EU-Vergaberichtlinien.

Im EU-Gesetzgebungsverfahren arbeiten Kommission, Parlament und Rat eng zusammen: Der Reformvorschlag wird entsprechend der EU-Verfassung von der Europäischen Kommission erstellt. Im Gesetzgebungsverfahren entscheiden dann der Rat der EU, in dem die nationalen Ministerien vertreten sind, und das Europäische Parlament gemeinsam darüber. Als Berufsvertretung bringen wir uns dabei sowohl auf nationaler als auch europäischer Ebene ein.

Der Kommissionsvorschlag zur Vergabereform ist voraussichtlich im ersten Halbjahr 2026 zu erwarten, die Vorarbeiten laufen jedoch auf Hochtouren. Innerhalb der europäischen Berufsvertretungen haben wir uns unter anderem bereits seit 2022 durch die Erarbeitung und gegenseitige Abstimmung der Argumentationslinien und Sammlung von relevanten Daten (z.B. ACE Sector Study) auf den Prozess vorbereitet. Dieses Sondertelegramm gibt einen Überblick über unsere aktuellen EU-Aktivitäten.

Mit kollegialen Grüßen

Daniel Fügenschuh
(Präsident)
Klaus Thürriedl
(Vizepräsident)

Prozess der Vergaberechtsreform: Beitrag auf Kommissionsebene

Auch wenn ein Reformvorschlag der Europäischen Kommission erst für das erste Halbjahr 2026 erwartet wird, wurden bereits zentrale Schritte gesetzt: Im März 2025 fand eine öffentliche Konsultation statt, an der sich sowohl die BKZT als nationale Organisation als auch die europäischen Berufsvertretungen ACE und ECEC aktiv beteiligten. BKZT-Präsident Daniel Fügenschuh und Vizepräsident Klaus Thürriedl brachten sich in ihren Vorstandsrollen insbesondere für die verpflichtende Anwendung des Bestbieterprinzips bei geistigen Dienstleistungen sowie für besseren Zugang kleiner Büros zu öffentlichen Aufträgen ein. Die Positionen wurden sowohl innerhalb Österreichs in einem Konsultationsprozess mit den Länderkammern als auch auf europäischer Ebene im Rahmen von ACE und ECEC abgestimmt. Eine wichtige Grundlage lieferten Erkenntnisse aus dem von der BKZT geleiteten und von der EU geförderten Projekt ARCH-E, das vor drei Jahren gestartet wurde. Die damit lukrierten Fördermittel tragen maßgeblich zum Gesamtbudget in der Höhe von 2,4 Mio. Euro bei. Auf dieser Basis konnten Empfehlungen erarbeiten werden, die nun in einem White Paper gebündelt und gemeinsam mit großen Institutionen rechtzeitig veröffentlicht wurden, um die Vergaberichtlinie maßgeblich zu beeinflussen. Diese Inhalte wurden im Februar 2025 bei einem Projektmeeting in Wien mit der ACE-Präsidentin sowie 15 weiteren Projektpartner:innen abgestimmt und in politische Empfehlungen überführt.

Das vor Kurzem veröffentlichte ARCH-E White Paper bringt neue, evidenzbasierte Argumente für die Stärkung von Architektur- und Planungswettbewerben in der öffentlichen Vergabe. Besonders bemerkenswert: Die Auswertung realisierter Verfahren zeigt, dass qualitativ hochwertige Wettbewerbsprojekte oft auch wirtschaftlicher sind, vor allem im Hinblick auf Bau- und Folgekosten. Die Erkenntnisse stoßen sowohl bei nationalen Institutionen – wie etwa in Deutschland – als auch bei internationalen Stellen auf Interesse und werden als fundiertes Argumentationsinstrument geschätzt, um Berührungsängste gegenüber Wettbewerbsverfahren zu reduzieren. Als Lead-Partner leiten wir das geförderte Projekt und sehen die Ergebnisse als wichtigen Impuls, um den Mehrwert fairer und transparenter Architekturwettbewerbe sichtbar zu machen und Vergabeverfahren langfristig zu verbessern - insbesondere vor dem Hintergrund aktueller Diskussionen über Kosten- und Zeiteffizienz im Bauwesen. Künftig wird das White Paper auch in weiteren europäischen Sprachen zur Verfügung stehen.

Horizon Europe: Projekteinreichung

Als weiterer Schritt im Vergaberechtsprozess werden die gewonnenen Erkenntnisse für die Berufsgruppe gezielt ausgewertet. Derzeit arbeitet die BKZT gemeinsam mit einer Reihe von europäischen Partner:innen an der Einreichung eines Projekts im Rahmen des europäischen Förderprogramms Horizon Europe - New European Bauhaus (HORIZON-NEB-2025-01-PARTICIPATION-01: The Impact Of Common Space On Neighbourhood Communities), welches die höchste Ebene der europäischen Förderlandschaft darstellt. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, welche technischen und sozialen Faktoren – basierend auf realisierten Best-Practice-Beispielen – entscheidend für die erfolgreiche Gestaltung nachhaltiger, resilienter und sozialer Nachbarschaften sind, die zugleich Gesundheit und Wohlbefinden der Bewohner:innen fördern. Neben Aspekten wie leistbarem und hochwertigem Wohnen werden auch Themen aus dem laufenden EU-Projekt ARCH-E aufgegriffen, insbesondere die Rahmenbedingungen erfolgreicher Wettbewerbsverfahren und deren Potenzial für Kosteneinsparungen.

Schritte im Parlament

Im Gesetzgebungsverfahren werden das Europäische Parlament und der Rat der EU, in dem die nationalen Ministerien vertreten sind, über den Vorschlag der Kommission entscheiden. Die Vorbereitungen dazu laufen auch hier bereits: Seit März erarbeitet der Binnenmarktausschuss des Parlaments einen Bericht zum Vergabewesen. Die BKZT konnte durch gezielte Kontakte zu EU-Abgeordneten wichtige Positionen einbringen – insbesondere gegen einen reinen Preiswettbewerb. Der Bericht, der am 7. März vom Ausschuss angenommen wurde, spiegelt viele unserer Anliegen wider: Er fordert eine Abkehr vom Billigstbieterprinzip, einen besseren Zugang für Klein(st)unternehmen sowie eine differenzierte Bewertung geistiger Dienstleistungen. Die Verabschiedung im Plenum ist für September geplant – als klare Weichenstellung für den kommenden Gesetzesvorschlag der Kommission.

Verhandlungen im Rat

Der Rat, in dem die nationalen Minister:innen vertreten sind – in Österreich liegt das Vergaberecht in der Zuständigkeit der Justizministerin - wird gemeinsam mit dem Europäischen Parlament im Gesetzgebungsverfahren über den Vorschlag der Kommission entscheiden. Ministerratsentscheidungen werden in der Regel in Arbeitsgruppen, in denen die nationalen Expert:innen vertreten sind, vorverhandelt. Danach ist die Ebene des sogenannten Ausschusses der ständigen Vertreter:innen zwischengeschaltet und in sehr vielen Fällen werden Einigungen bereits auf einer dieser Ebenen getroffen. Daher ist die erste Anlaufstelle, bei der die BKZT ihre Positionen einbringt und mit der sie im laufenden Austausch steht, die zuständige Fachabteilung, die in der Arbeitsgruppe vertreten ist.


Impuls durch Luxembourg Declaration

Große Herausforderungen erfordern gemeinsame Lösungen: Im Mai 2025 wurde die Luxembourg Declaration verabschiedet – eine gemeinsame Erklärung der europäischen Verbände für Architekt:innen (ACE) und Ingenieur:innen (ECEC, EFCA), an der die Bundeskammer maßgeblich mitgewirkt hat. Im Rahmen der Konferenz „Architects + Engineers: Partnership for Resilient Design“ in Luxemburg nahm BKZT-Vizepräsident und ECEC-Generalsekretär Klaus Thürriedl an der Podiumsdiskussion teil. Die Luxembourg Declaration setzt ein starkes Zeichen für Qualität, Nachhaltigkeit und faire Wettbewerbsbedingungen – insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, die 95 % unserer Mitglieder ausmachen. Inzwischen haben sich weitere europäische Berufsorganisationen angeschlossen. Gemeinsam setzen sie sich bei EU-Parlament, Kommission und auf nationaler Ebene für eine grundlegende Reform des Vergaberechts ein: Weg vom Fokus auf den niedrigsten Preis – hin zu mehr Qualität, Innovation und langfristigem Wert. Die Deklaration fordert klarere, grenzüberschreitende Regeln im öffentlichen Auftragswesen, eine bessere Anerkennung geistiger Dienstleistungen in einem eigenen Kapitel, qualitative und innovationsfreundliche Verfahren sowie besseren Zugang für KMU und Berufseinsteiger:innen. Damit wird der Grundstein für ein zukunftsfähiges, gerechtes und resilientes Vergabewesen in Europa gelegt.


ACE sucht neue:n Generalsekretär:in

Der Architects' Council of Europe (ACE) mit Sitz in Brüssel sucht eine:n neue:n Generalsekretär:in - eine spannende Führungsposition im Zentrum der europäischen Architekturpolitik! Wenn Sie Interesse an dieser strategisch bedeutsamen Rolle auf EU-Ebene haben, lohnt sich ein Blick in die vollständige Ausschreibung. Dort finden Sie alle Informationen zum Aufgabengebiet und zu den Anforderungen. Die Bewerbungsfrist endet am 31.07.2025. Bitte beachten: Die Bewerbung erfolgt ausschließlich über den Rekrutierungspartner Ian Burns (RP People). Direkte Bewerbungen an den ACE sind nicht vorgesehen.


Leistbares Wohnen: Ihre Meinung zählt

Die EU-Kommission arbeitet derzeit an einem europäischen „Affordable Housing Plan“. Denn: Leistbarer Wohnraum ist längst keine nationale Herausforderung mehr. Das Ziel ist es, Lösungen für leistbaren, nachhaltigen Wohnraum in Europa zu entwickeln. Im Rahmen einer öffentlichen Konsultation sind Architekt:innen, Ingenieur:innen, Unternehmen und Institutionen eingeladen, ihre Perspektiven und Erfahrungen einzubringen. Die Ergebnisse fließen direkt in die Ausarbeitung des "Affordable Housing Plan" ein, der im Frühjahr 2026 vorgestellt werden soll. Eine Teilnahme an der Konsultation ist bis 17. Oktober 2025 möglich. Lesen Sie passend dazu das Housing Paper, das vor Kurzem vom ACE veröffentlicht wurde.


anotHERVIEWture: Aktuelles & Ausblick

Aus dem Erasmus+ Projekt "YesWePlan!", das europaweit Best-Practice-Beispiele gegen den Gender Gap in Architektur und Ingenieurwesen bündelt, entstand der heutige anotHERVIEWture Award. Auch 2026 wird dieser einzigartige Baukulturpreis für Frauen vom Ausschuss Ziviltechnikerinnen der Bundeskammer vergeben und würdigt nationale sowie internationale Projekte. Damit setzt der Award ein klares Zeichen für die nationale wie globale Relevanz von Frauen in der Baukultur. Insgesamt ist es möglich, ein Preisgeld von EUR 20.000,- in vier Kategorien an herausragende Projekte zu vergeben. Projekteinreichungen für den anotHERVIEWture AWARD 2026 werden von 31. März bis 30. Juni 2026 möglich sein. In der Zwischenzeit laden wir Sie herzlich ein, die Digital Library zu entdecken, in der Broschüre von 2024 zu blättern und sich der WOMEN Community anzuschließen. Lassen Sie sich von inspirierenden Geschichten erfolgreicher Kolleginnen im Architektur- und Ingenieurwesen begeistern! Eine Registrierung ist auch ohne Projekt-Upload möglich.